Glas - Entstehung, Bearbeitung und Einsatztzwecke
Glas entsteht seit Urzeiten in der Natur
Glashaltiges Gestein entstand in der Natur immer schon auf natürlichem Wege, schon lange bevor der Mensch die Glasherstellung entwickelt hat. Dies passierte beispielsweise, wenn durch einen Vulkanausbruch oder einen Blitzeinschlag Sand, genau gesagt Quarzsand, bei sehr großer Hitze zur Schmelze gelangte. Die Besonderheit des Materials ist, dass es nach dem Erkalten nicht kristallisiert, sondern wie eine erstarrte Flüssigkeit transparent bleibt.
Durch Schmelze sandigen Bodens entstandene glashaltigen Gesteine nennt man Tektite oder Obsidiane. Bereits Steinzeitmenschen hatten darüber Kenntnis und benutzten das natürliche Glasgestein als Schneidewerkzeug.
Von Menschen erzeugtes Glas
Der genaue Zeitpunkt der Glasproduktion ist nicht genau bekannt. Die frühesten Gläser wurden im Vorderen Orient gefunden und auf etwa 3500 vor Chr datiert. Die ersten Verfahren zur Herstellung entdeckten Menschen etwa zeitgleich um 2000 vor Chr in China, Ägypten und Nordtirol.
Historiker vermuten, dass erste Gläser durch Zufall bei der Produktion von Töpferwaren entstanden. Dies war möglich, wenn der Sand sehr viel Kalk enthielt oder etwas Salz ins Gemenge geriet. Zu hohe Temperaturen im Brennofen erzeugten auf der Keramik eine Art Glasur.
Erste Gläser und Waren
Um 1500 vor Chr gelang erstmals die gezielte Glasproduktion ohne keramische Unterlage. Das Verfahren stand noch ganz am Anfang seiner Entwicklung, doch es funktionierte bereits. Dazu musste die flüssige Schmelze auf 1400 °C bis 900 °C abkühlen. Der Glasmacher modellierte den Werkstoff, indem er zuerst einen festen geformten Sandkern mit Flüssigglas ummantelte.
Danach benutzte er eine lange Stange, um den Glasklumpen durch spezielle Drehbewegungen zu formen. Diese Fertigkeit beherrschten nur wenige Menschen. Mit dieser Technik war es noch nicht möglich, dünnwandige Gläser und Waren herzustellen: Zu dieser Zeitpunkt war das Glasblasen noch nicht bekannt.
Verfahren zur Glasherstellung
Etwa sechs Jahrhunderte vor Chr dokumentierte der assyrische König Ashurbanipal auf einer Tontafel die Rezeptur zur Glasherstellung. Es heißt:"Nimm 60 Teile Sand, 180 Teile Asche aus Meerespflanzen und 5 Teile Kreide." Später lautete die Liste der Inhaltsstoffe:
- Sand
- Kalk
- Soda
- Pottasche
Die Verflüssigung setzt bei 1400 °C ein und die Eigenschaften der chemischen Bestandteile gleichen sich im Prinzip, Kreide entspricht beispielsweise dem Kalk.
Was passiert bei der Schmelze?
Während der Verflüssigung des Gemenges entsteht Schaumteppich mit großen Blasen. Beim anschließenden “Läutern” der Masse treten die restlichen kleinen Gasbläschen heraus, wodurch am Ende dieses Prozesses ein klares, homogenes Glasmaterial weitgehend ohne Blasen und Einschlüsse entsteht. Die hinzugefügten Rohstoffe bestimmen, in welcher Phase und bei welcher Temperatur die Vorgänge ablaufen. Die moderne Technologie nutzt heute von rund 90 auf der Erde vorhandenen Rohstoffe etwa 60 %.
Entwicklung der Glasmanufaktur
Um das zweite Jahrhundert vor Chr entstand in Syrien die Glasmacherpfeife: Dank dieser bahnbrechenden Erfindung war es nun möglich, aufwendige Glasformen herzustellen.
Das Werkzeug bestand aus einem 1 bis 1,5 m langen Eisenrohr mit einer Erweiterung am Ende zum Fixieren der Glasmasse während der Formgebung. Am anderen Ende blies der Glaser in ein hitzeisoliertes Mundstück. In der römischen Antike erzeugten verbesserte Brennöfen bereits beachtlich reine Qualität des Glases. Die prunksüchtigen Kaiser schmückten sich wohlwollend mit extravagant gefärbten, dünnwandigen Gläsern, Gefäßen und dekorativen Waren. Mit dem Untergang des Römischen Reiches im vierten Jahrhundert nach Christus geriet das erworbene Wissen um die Eigenschaften des Glases und die Glasherstellung wieder in Vergessenheit.
Italienische Glaskunst
Venezianische Glasherstellung erlebte ab dem 10. Jahrhundert seine Blütezeit: Mit Holz aus den Dolomiten befeuerten die Italiener ihre Brennöfen, um reinstes Kristallglas herzustellen. Da man die besonderen Eigenschaften, wie den unnachahmlichen Glanz, geheim halten wollte, wurden die Glashütten auf der Venedig vorgelagerten Halbinsel namens Murano angesiedelt.
Im gleichen Zuge wurde auch die ständige Brandgefahr für die Stadt ausgeklammert. Die Halbinsel wurde als spionagesicheres Gewerbegebiet abgeschottet. Wer etwas über die Eigenschaften des Glases oder andere Details der Fertigung ausplauderte, dem drohte die Todesstrafe.
Doch das Wissen um die Glasproduktion verbreitete sich trotzdem, da viele Handwerker über die Alpen flohen und eigene Betriebe gründeten. So erklärt sich, warum auf böhmischen Gläsern venezianische Motive auftauchten.
Glasmacher in Deutschland
Heimische Glasmacher ließen sich in den großen deutschen Wäldern nieder, um an der Quelle für Feuerholz zu produzieren. Die Eigenschaften des Glases, wie die grünliche Färbung, entstanden durch die verwendeten regionalen Rohstoffe. Die Asche aus verbranntem Eichen- und Buchenholz wurde in einem großen “Pott” ausgelaugt, daher stammt die Bezeichnung Pottasche (Kaliumcarbonat).
Die Übersetzungen in andere Sprachen zeigen die gemeinsamen Wurzeln der Glasmacherkunst an: Die Briten benutzen mit Glass oder Vase die gleichen Übersetzungen wie Länder in Europa und dem Balkan.
Nach dem Abholzen einer Gegend zogen die Glasmacher mit ihren Schmelzanlagen weiter zum nächsten Standort. Erst ab dem 18. Jahrhundert wurden die Handwerker sesshaft. Nun wurden die Gläser durch Hitzeeffekte, Einkerbungen, Farbstoffe und Edelmetallauflagen dekoriert.
Das erste Spezialglas entwickelte der deutsche Chemiker Otto Schott ab 1884 in Jena. Seine Forschungen eröffneten den Weg für ein breites Einsatzspektrum.
Übersetzungen in andere Sprachen
Glass, Glaz, Lazi: Die Worte für den vielseitigen Werkstoff ähneln sich stark.
- Englisch: Glass, Vase, Vorratsglas: jar
- Niederländisch: Glas, Vaas
- Jiddisch: Glaz, Vaze
- Finnisch: Lasi, Vase
- Spanisch: Vaso, Jarrón
- Französisch: Verre, Vase, Glasscheibe: Vitre
- Italienisch: Bicchiere, Vaso
- Russisch: Stakan, Vaza
- Kroatisch: Staklo, Vaza
- Slowenisch: Steklo, Vazo
- Griechisch: Potíri, Vázo
- Türkisch: Cam, Vazo, Pencere, Trinkglas: Bardak
Merkmale des Glases
Inzwischen verfügen wir über zahlreiche Glassorten, die weit mehr Einsatzzwecken dienen, als zu Gläsern und Vasen verarbeitet zu werden. Grundlegend ist der Werkstoff transparent und formstabil, gasdicht und geschmacksneutral. Das Material verträgt hohe Temperaturen und ist zerbrechlich.
Das macht jedoch nichts, da Glasprodukte recycelbar sind. Flaschen aus Buntglas bewahren Geschmack und Vitamine von Lebensmitteln, auch als glitzernder Modeschmuck und dekorative Tiffany-Lampe ist Buntglas beliebt.
Einsatzzwecke moderner Glasprodukte
Der moderne Alltag wäre ohne Glasprodukte undenkbar. Glasfaserkabel transportieren digitale Daten verlustfrei und Sonnenbrillen besitzen integrierte UV-Filter. Kochgeschirr aus Glaskeramik, der Touchscreen und Lampen mit Lichtleitfasern begleiten unsere täglichen Aktivitäten. Selbst Aschenputtels Schicksal bestimmt nicht zuletzt der gläserne Schuh!